© Stadtarchiv Celle

Moderne Architektur trifft Fachwerk

Neues Bauen in Celle

Lieber Barock oder zeitlose Moderne?

Wir können auch “anders”!

Vor gut 100 Jahren revolutionierte das Neue Bauen die deutsche Architektur. Funktional, lichtdurchflutet und sozial – das waren die Leitgedanken dieser wegweisenden Bewegung (ca. 1910–1930er Jahre). Der Architekt Otto Haesler (1880–1962) brachte diese moderne Bauweise nach Celle und machte die Stadt zu einem Zentrum des Neuen Bauens in Deutschland.

Haesler galt als Pionier des sozialen Wohnungsbaus und setzte mit seinen Entwürfen Maßstäbe für modernes, bezahlbares Wohnen. Seine sieben zwischen 1924 und 1930 entstandenen Siedlungen und Bauwerke prägen bis heute das Stadtbild und werden fast alle noch in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt. Celle wird heute als "Geburtsort des Neuen Bauens" bezeichnet und spielt architekturgeschichtlich in einer Liga mit Weimar und Dessau.

Was ist das Neue Bauen?

Das Neue Bauen war eine revolutionäre architektonische Bewegung, die sich in Deutschland von etwa 1910 bis in die 1930er Jahre entwickelte. Ziel war es, die historistische Architektur des 19. Jahrhunderts durch eine moderne, funktionale Bauweise zu ersetzen.

Merkmale des Neuen Bauens:

  • Kubische Formen und Flachdächer
  • Große Glasflächen und Fensterbänder für maximales Licht
  • Moderne Materialien: Stahl, Beton, Glas
  • Verzicht auf Ornamente – „Form follows Function"
  • Helle, farbig akzentuierte Fassaden
  • Starker sozialreformerischer Ansatz: Bezahlbarer, gesunder Wohnraum für alle

Das Neue Bauen war mehr als nur ein Baustil – es war eine umfassende architektonische und gesellschaftliche Vision für modernes Leben im 20. Jahrhundert.

Bauhaus oder Neues Bauen – Was denn nun?

Bauhaus und Neues Bauen werden oft synonym verwendet, doch es gibt wichtige Unterschiede:

Das Bauhaus war eine konkrete Kunstschule (1919–1933 in Weimar, Dessau, Berlin), die von Walter Gropius gegründet wurde. Sie vereinte Kunst, Handwerk und Technik und umfasste neben Architektur auch Design, Typografie, Textilkunst und Metallarbeiten.

Das Neue Bauen war hingegen eine weitreichende architektonische Bewegung, die ganz Deutschland erfasste. Das Bauhaus war Teil dieser größeren Bewegung und fungierte als experimentelle Lehrstätte innerhalb des Neuen Bauens.

Gemeinsame Merkmale:

  • Klare, kubische Formen ohne Ornamente
  • Flachdächer, große Glasflächen
  • Moderne Materialien (Stahl, Beton, Glas)
  • Funktionalität als Gestaltungsprinzip
  • Sozialer Wohnungsbau

Otto Haesler war nie am Bauhaus tätig, zählt aber zu den bedeutendsten Vertretern des Neuen Bauens – neben Walter Gropius und Hannes Meyer. Er stand in Kontakt mit dem Bauhaus Dessau und verwendete Bauhaus-Produkte, entwickelte aber eigenständige architektonische Konzepte für Celle.

© Stadtarchiv Celle

Wer war otto haesler?

Der Architekt Otto Haesler (1880–1962) war einer der großen Baumeister des Neuen Bauens und revolutionierte den Schul- und Wohnungsbau der 1920er Jahre. Von 1906 bis 1933 lebte und arbeitete er in Celle, wo er die Prinzipien des Neuen Bauens konsequent in die Praxis umsetzte.

Mit der Einweihung der Altstädter Schule 1927 erlangte Haesler internationalen Ruhm. Das Gebäude zählt noch heute zu den zehn wichtigsten Bauwerken dieses Baustils weltweit. Haesler entwickelte innovative Lösungen für sozialen Wohnungsbau, etwa den "Kabinengrundriß" und die industrielle Stahlskelettbauweise.

1930 wurde ihm auf Empfehlung von Walter Gropius sogar der Direktorenposten des Bauhauses angeboten – er lehnte jedoch ab. Bauhaus-Schüler und -Lehrer nutzten Haeslers Gebäude als Anschauungsobjekte für modernes Bauen. Seine Arbeit machte Celle zu einem der wichtigsten Zentren des Neuen Bauens in Deutschland.

Architektur des Neuen Bauens in Celle erleben

Überraschend viele Orte in Celle zeigen noch heute die Zeichen des Neuen Bauens. Selbst rund 100 Jahre nach ihrer Entstehung sind die Gebäude und Siedlungen fester Bestandteil des Stadtbilds und werden noch immer genutzt – ein lebendiges Zeugnis moderner Architekturgeschichte.

Otto-Haesler-Rundweg – Architekturgeschichte erwandern

Auf den Spuren des Ausnahmearchitekten

Erkunden Sie auf eigene Faust die Meisterwerke von Otto Haesler in Celle. Der etwa 4,5 Kilometer lange Otto-Haesler-Rundweg führt Sie zu insgesamt acht Stationen des Neuen Bauens:

  • Direktorenvilla
  • Siedlung Italienischer Garten
  • Altstädter Schule (Glasschule)
  • Siedlung Georgsgarten
  • Siedlung Blumläger Feld
  • Weitere bedeutende Bauwerke

Der digital unterstützte Rundweg macht's möglich: Per QR-Code erhalten Sie bequem alle Informationen zum jeweiligen Gebäude direkt auf Ihr Smartphone. Einfach vor Ort an der Info-Stele den QR-Code scannen und in die Welt des Neuen Bauens eintauchen.

Der Flyer "Otto Haesler Touren" ist in der Tourist-Information Celle erhältlich. Sie können sich den Flyer auch direkt in deutscher oder englischer Sprache herunterladen.

Bauhaus pur

Alles was Sie zum “Neuen Bauen in Celle” wissen müssen

Entdecken Sie die Sehenswürdigkeiten des Neue Bauens in Celle auf vielfältige Art und Weise. Bei einem geführten Rundgang mit unseren geschulten Gästeführern zu Fuß oder mit dem Rad erfahren Sie alles rund um die Bauwerke von Otto Haesler. Oder Sie steigen ein in die Bauhaus Bahn (Anfrage über Müller Bus Touristik), die auch die etwas weiter außerhalb gelegene Siedlung Blumläger Feld ansteuert. Lauschen Sie ganz bequem während der Fahrt den Informationen und Details zu den Bauwerken. Das otto-haesler-museum ist ein weiteres Highlight Ihrer Tour durch Celle. Hier sehen Sie original erhaltene und eingerichtete Museumswohnungen und können das Leben und Wohnen hautnah nachspüren.

    Häufig gestellte Fragen

    Unbedingt einplanen:

    Kaffeehaus Kiess & Krause

    Die Geschichte des Kaffeehauses Kiess & Krause beginnt 1871 mit einer Baumkuchenfabrik, die Philipp Siegfried am Großen Plan gründete. Als Otto Haesler 1928 die Innenräume umgestaltete, erhielt das traditionsreiche Haus seinen charakteristischen Bauhaus-Charakter.​

    Nach umfassender Renovierung im Jahr 2019 präsentiert sich das Kaffeehaus heute als lebendiges Zeugnis dieser Architekturepoche des Neuen Bauens. Der oberste Kaffeeraum ist ganz Otto Haesler gewidmet und zeigt Fotografien seiner bedeutenden Celler Bauten. Die originalen Sitznischen von 1928, die wie "Logenplätze im Theater" den Blick auf den Großen Plan freigeben, laden nach ihrer Neupolsterung zum Verweilen ein. Zum Kaffee wird sogar ein eigens kreierter "Haesler-Keks" serviert.​

    Das Kaffeehaus Kiess & Krause vereint auf einzigartige Weise Celler Handwerkstradition mit der Architektursprache der Moderne – ein authentischer Ort, an dem Besucher bei Kaffee und Kuchen die Atmosphäre des Neuen Bauens erleben können.​